Mixed Martial Arts wird als Sport immer populärer, kämpft aber fortwährend mit Vorurteilen. Vielen davon treffen nicht zu, andere nur zum Teil. Vor der Veranstaltung Oktagon 71 (17.5 auf RTL+) ist es an der Zeit, damit aufzuräumen.
Diese Aussage ist schlicht falsch. Die Ursprünge des Sports liegen zwar tatsächlich darin, dass MMA vor mehr als 20 Jahren noch als Kampf ohne Regeln verkauft wurde, das aber nicht mehr Status Quo ist.
Das Regelwerk ist sogar sehr umfangreich und soll die Gesundheit der Fighter schützen. Gewichtsklasse, Tiefschutz, Mundschutz und Handschuhe mit einem Gewicht zwischen vier und sechs Unzen (1 Oz sind ca. 28 Gramm) sind Pflichtvorgaben, bei den Techniken was Schlagen, Treten, Knie- und Ellbogenstöße angeht, gibt es ebenfalls einen Rahmen.
Kopfstöße, Tiefschläge, Schläge auf die Kehle und Stiche ins Auge des Gegners sind verboten. Kratzen, Beißen, Kneifen, die Finger- oder Zehgelenke zu attackieren, ebenfalls.
Ist bei einem Regelbruch Absicht zu erkennen, kann das zum Punktabzug oder zur Disqualifikation führen. Es gibt sogar eine Etikette im Cage. Beleidigungen und respektloses Verhalten nicht erlaubt und auch das wird verwarnt oder sanktioniert.
MMA ist ein Vollkontaktkampfsport. Es kann zu brutalen Szenen kommen. Das lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Man muss aber verstehen, dass es sich um eine Form der kontrollierten Gewalt handelt und nicht um eine wilde Prügelei.
Den höchsten Fähigkeitsgrad in einer Einzeldisziplin wie Judo oder Jiu-Jitsu, also den Schwarzen Gurt, zu erreichen, dauert viele Jahre. Das macht MMA so anspruchsvoll, da sich dort alle Disziplinen vereinen.
Es ist eine Mischung aus Technik, Kraft und Strategie. Viele Fighter vergleichen MMA mit Schach, weil man bestimmte "Züge" des Gegners erahnen und entsprechende Antworten darauf haben muss.
MMA verlangt Disziplin, Taktik, Intelligenz, mentale Stärke – keine dieser Eigenschaften ist geschlechtsspezifisch. Wer denkt, MMA sei "nur Prügelei für Kerle", hat das System dahinter nicht verstanden. In vielen Kulturen wird Kampfsport traditionell mit Männlichkeit assoziiert. Das ist aber kulturell geprägt, nicht biologisch festgelegt. Wer ein Kampfsport-Gym besucht wird schnell erkennen, dass dort auch Frauen trainieren und zwar zusammen mit Männern.
Immer mehr Frauen trainieren MMA – ob als Profis, Hobbysportlerinnen oder zur Selbstverteidigung. Und der Frauenanteil in den Zuschauerzahlen steigt ebenfalls, gerade in Europa und Nordamerika. Der Profibereich wächst ebenfalls stetig. Jeder größere Veranstalter hat Gewichtsklassen für Frauen.
Früher war MMA oft ein Ausweg für Menschen aus schwierigen Verhältnissen – das stimmt teilweise bis heute. Aber daraus zu schließen, dass alle dumm sind, ist wie zu sagen: "Alle Musiker sind drogensüchtig", weil es früher Rockstars waren.
Für viele Menschen ist MMA ein Ventil, das zum Abbau von Stress dient. Die meisten MMA-Kämpfer leben asketisch, trainieren zwei- bis dreimal täglich, ernähren sich streng und verzichten auf vieles.
Diese Selbstkontrolle ist eher ein Zeichen von psychischer Reife, nicht von Dummheit.
Video: Blumenkohl-Ohr? Weight Cut? MMA-Doc erklärt's
Auch bei Oktagon gibt es viele Kämpfer, die ein Studium abgeschlossen haben. Gjoni Palokaj ist nicht nur ein erfolgreicher MMA-Kämpfer bei OKTAGON, sondern hat auch eine Ausbildung als Ingenieur abgeschlossen. Niko Samsonidse hat erfolgreich Soziale Arbeit studiert. Der Serbe Pregdrag Bogdanovic zählt zu den besten Bodenkämpfern Europas, studiert Jura, wenn er nicht im Käfig steht.
Die Vorstellung, dass MMA "nur ein Trend" sei, hält sich hartnäckig – aber sie verkennt die fundamentale Entwicklung dieses Sports. MMA ist inzwischen tief in der Sportstruktur verwurzelt. Es gibt große Organisationen wie die UFC oder Oktagon, die auf Streamingdiensten wie DAZN und RTL+ gezeigt werden. Der Sport ist mehr und mehr durchorganisiert, es gibt nationale und internationale Verbände, die sich um mehr Anerkennung für MMA bemühen. Den Sport olympisch zu machen, ist das große Ziel.
Im Gegensatz zu anderen Sportarten, die aus den USA ihren Weg nach Deutschland gefunden haben, wie American Football, gibt es bei MMA eine globale Basis. Das reicht von Hobbyclubs über Universitätskurse bis zu Profi-Teams. In Ländern wie Brasilien, Russland, Polen, Tschechien oder Thailand ist MMA fest im Sport- und Alltagsleben verankert – nicht als Modesportart, sondern als feste Größe.
Dazu hat MMA ein Patentrezept gefunden, um die nächste Generation anzusprechen. MMA vereint das Beste aus traditionellen Kampfkünsten (Respekt, Disziplin, Technik) mit modernem Storytelling, Individualität und Action. MMA ist nicht nur gekommen, um zu bleiben – es wächst weiter, strukturiert sich aus, erreicht neue Zielgruppen und füllt Lücken, die klassische Sportarten wie das Boxen zunehmend hinterlassen.
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