Obwohl Schach-Enfant-terrible Hans Niemann bei der Blitz-WM in New York schon im Viertelfinale an Magnus Carlsen scheiterte, beherrschte der US-Amerikaner an den beiden Wettkampftagen die Schlagzeilen. Grund war nicht nur seine scharfe Kritik am geteilten WM-Titel, sondern auch sein kampfloser Sieg in der Vorrunde gegen den Russen Daniil Dubov.
Die Blitz-Schach-WM in New York war aus vielen Gründen eine außergewöhnliche. Zum einen aufgrund des geteilten Titels von Magnus Carlsen und Ian Nepomniachtchi, die mit ihrem Final-Deal für ein Novum in der Geschichte der Weltmeisterschaft sorgten.
Für zwei weitere, nicht minder schlagzeilenträchtige Kapitel sorgte Hans Niemann. Der umstrittene US-Großmeister tobte sich nach dem Finale zwischen Carlsen und Nepomniachtchi in den sozialen Medien aus und lenkte damit von seiner eigenen Kontroverse ab. Diese hatte sich bereits am ersten Wettkampftag abgespielt.
Was war passiert? In der 10. von 13 Runden hätte Niemann gegen den Russen Daniil Dubov antreten müssen. Dieser aber tauchte gar nicht erst am Brett auf. Niemann gewann die Partie kampflos. Dubov behauptete anschließend, er habe schlicht und ergreifend verschlafen. Eine abenteuerliche Erklärung, die ihm selbstredend niemand abkaufte.
Vielmehr weigerte sich Dubov gegen Niemann anzutreten, weil er den US-Amerikaner nach wie vor für einen Betrüger hält. Das wusste auch Niemann, der Dubov in einem X-Beitrag als "Feigling" bezeichnete, ihm fehlenden Charakter vorwarf und den Russen zu einem direkten Duell um viel Geld aufforderte.
Dubov ging auf das Angebot ein, stellte aber eine Bedingung: "Unter den folgenden Voraussetzungen bin ich bereit, zu spielen: Du stimmst einem professionellen Lügendetektor-Test zu, in dem nur Fragen über das Betrügen gestellt werden. Die Ergebnisse werden in Gänze veröffentlicht. Wenn der Test sauber ist, werde ich akzeptieren, dass meine Entscheidung vorschnell war und ein Blitz-Match über 24 Partien gegen dich spielen. Acht Partien pro Tag, 2000 US-Dollar pro Punkt."
Diesen Vorschlag lehnte Niemann wiederum ab. Er habe keine Lust mehr auf "Kinderspielchen" und "Anschuldigungen", schrieb er auf X. "Es waren jetzt zwei Jahre des Wahnsinns und mein kontinuierlicher Erfolg lässt die Schach-Mafia korrupter denn je aussehen. Ich bin mehr als glücklich, 24 Blitz-Partien gegen Dubov für 20.000 US-Dollar pro Punkt zu spielen. Und ich werde dieses Angebot auf jeden Schach-Spieler des Planeten ausweiten."
Dass Dubov diese Offerte annehmen wird, ist eher unwahrscheinlich. Er ist, das sagt er über sich selbst, ein Mann mit Prinzipien, an denen nicht gerüttelt wird. Dafür zahlte er in New York einen hohen Preis.
Für den Russen war das "Verschlafen" sehr kostspielig. Er beendete den ersten Tag mit 9,5 Punkten. Ein halber Zähler mehr und er wäre im Viertelfinale dabei gewesen. Diese Chance ließ er aber im wahrsten Sinne des Wortes liegen.