Titelverteidiger Magnus Carlsen und Ian Nepomniachtchi haben im Finale der Blitz-Schach-WM in New York für einen Eklat gesorgt und das große Finale eigenmächtig vorzeitig beendet - ohne, dass ein Sieger feststand. Beide teilen sich fortan den Titel. Die Reaktionen auf diesen historischen Schritt fielen gemischt aus.
Wer dachte, die Schnellschach-Weltmeisterschaft in New York hätte nach dem "Jeans-Gate" rund um Magnus Carlsen keine kuriosere Geschichte mehr schreiben können, wurde wenige Momente nach dem Beginn des neuen Jahres eines Besseren belehrt.
Nachdem sich Magnus Carlsen und Ian Nepomniachtchi im Endspiel um den Blitz-Titel eine wahre Schlacht am Brett lieferten und auch in der dritten Tie-Break-Partie in Folge Remis spielten, entschlossen sich der Norweger und der Russe dazu, den Titel unter sich aufzuteilen.
Die FIDE stimmte dem Vorschlag der beiden Spieler um kurz nach 1:00 Uhr (MEZ) zu und sorgte so für ein Novum in der Geschichte der Weltmeisterschaft, in der es zuvor noch nie einen geteilten Titel gegeben hatte.
"Ich war sehr froh, es zu beenden und dachte, dass es für uns beide sehr cool und eine vernünftige Lösung wäre. Die Leute müssen verstehen, dass wir beide müde und nervös waren. Manche werden es mögen, andere nicht. So ist es", sagte Carlsen auf der Pressekonferenz zu dem anschließend höchst kontrovers diskutierten Ergebnis. Der Norweger hatte noch am Brett die Initiative ergriffen und seinem Gegenüber den "Doppel-Titel" vorgeschlagen.
Kurz zuvor hatten sich die beiden Finalisten ein aufreibendes Duell geliefert. Im Finale, in dem ursprünglich vier Partien angesetzt waren, dominierte Carlsen die ersten beiden Spiele und ging mit 2:0 in Führung. Nepo zeigte dann jedoch ein nicht für möglich gehaltenes Comeback und glich zum 2:2 aus. Die folgenden drei Tie-Break-Partien endeten allesamt Remis - danach war die WM plötzlich beendet, ohne dass ein Sieger feststand.
Während es aus der Szene für Carlsen und Nepo nach der Partie zahlreiche Glückwünsche gab, hagelte es auf der anderen Seite auch scharfe Kritik. Unter anderem von Hans Niemann, der dem Norweger im Viertelfinale trotz einer 1,5:0,5-Führung noch unterlag.
"Die Schach-Welt ist offiziell ein Witz", schrieb der US-Großmeister auf X. "Ich kann nicht glauben, dass sich der offizielle Schachverband zum zweiten Mal in dieser Woche von einem einzigen Spieler kontrollieren lässt", wütete Niemann, der sich damit auf das "Jeans-Gate" bezog, aus dem Carlsen als klarer Gewinner im Streit mit der FIDE hervorgegangen war .
Einmal mehr habe sich dadurch die "Korruption" innerhalb der Schach-Welt gezeigt, polterte Niemann, der seinen Fans noch ein Versprechen gab: "Ich werde hart arbeiten, um im nächsten Jahr im Finale zu stehen, um sicherzustellen, dass Titel ab sofort willkürlich geteilt werden."
Auf Niemanns Tirade angesprochen, entgegnete Nepomniachtchi auf der Pressekonferenz gelassen und meinte mit einem Lächeln im Gesicht lediglich: "Es ist sehr gut, dass Hans bei Twitter ist. Er unterhält uns immer."
Carlsen versicherte derweil, dass sein Wunsch nach dem geteilten Titel nicht im Zusammenhang zu seinem vorherigen Ärger mit der FIDE stand. "Nein, das hatte damit nichts zu tun", sagte der Norweger, der sich nach 2009, 2014, 2017, 2018, 2019, 2022 und 2023 nun zum achten Mal Blitz-Weltmeister nennen darf.