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Am 15. April 2000 revanchierte sich Dariusz Michalczewski an seinem Erzrivalen Graciano Rocchigiani für eine Niederlage, die in der Box-Statistik gar nicht existiert. Tiger vs. Rocky 2 - die Halbschwergewichts-WM vor 25 Jahren war das letzte deutsche Box-Duell, das ganz (Sport-)Deutschland in seinen Bann zog.

Die letzte Pointe gehörte Graciano Rocchigiani. "Er ist zwar ein dummer Pole, aber er hat heute besser geboxt", feixte Rocky bei der obligatorischen PK nach seiner Pleite gegen Dariusz Michalczewski. Die anwesenden Journalisten johlten und selbst der siegreiche Tiger fing nach ein paar Sekunden finsteren Dreinblickens an zu lachen.

Michalczewski konnte sich die gute Laune leisten, schließlich hatte er seinen WBO-Titel in der Preussag Arena von Hannover nicht nur zum 17. Mal verteidigt. Viel wichtiger: Der Tiger hatte seinen Nemesis Rocchigiani vernichtend geschlagen. Es war der süßeste Triumph in der Laufbahn des gebürtigen Polen.

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Teil 2 zwischen Tiger und Rocky fesselte das Land. Wochenlang fieberte Faustkampf-Deutschland dem Kampf entgegen, während an Stammtischen darüber gestritten wurde, wer das Ding wie gewinnen würde.

Dabei war es die Vorgeschichte, die dem Kampf seine besondere Würze verlieh. Michalczewski und Rocchigiani waren schon 1996 in Hamburg aufeinandergetroffen, auch damals stand der WBO-Titel im Halbschwergewicht auf dem Spiel.

Der Tiger, der in Hamburg wohnte und für den ortsansässigen Universum-Stall boxte, wollte damals gegen Rocchigiani einen Prestige-Sieg einfahren. Schließlich war Rocky schon zweimal mit einem gewissen Henry Maske über die volle Distanz gegangen, hatte dem Gentleman vor allem beim ersten Kampf 1995 die Hölle heiß gemacht.

Michalczewski sollte zeigen, wie man diesen eisenharten Berliner – den Sohn eines sardischen Eisenbiegers – richtig besiegt. Nicht Gentleman-like, sondern durch K.o.

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Das Gefecht geriet für Michalczewski allerdings zum Fiasko und endetet mit einem veritablen Skandal. Rocky vermöbelte den WBO-Champion vor 20.000 Zuschauern am Millerntor sechs Runden lang nach Strich und Faden, lag nach Punkten klar in Front.

In der Siebten erwischte der Herausforderer Michalczewski nach einem Trennkommando des Ringrichters mit einem verhältnismäßig leichten Treffer. Der sank zu Boden und signalisierte, er könne nicht mehr. In den Augen der meisten Beobachter markierte der Tiger den sterbenden Schwan, um irgendwie aus der Vermöbel-Nummer rauszukommen.

Der Kampf wurde abgebrochen, die Offiziellen der WBO zimmerten auf die Schnelle ein Urteil zusammen, das genau so dämlich klingt wie es sich schreibt: Technisches Unentschieden. Der Tiger behielt den Titel, St. Pauli kochte. Lokalmatador Michalczewski wurde gnadenlos ausgepfiffen, Rocchigiani frenetisch gefeiert.

Rocky war dennoch bedient. In seinen Augen hatte man ihn wie schon 1995 gegen Maske erneut um einen WM-Gürtel gebracht. "Ihr habt mich betrogen", bellte Grace bei der PK Michalczewski und dessen Promoter Klaus-Peter Kohl an. Kurze Zeit später änderte die WBO ihr sowieso schon dubioses Urteil: Rocchigiani wurde wegen Nachschlagens disqualifiziert, Michalczewski am Funktionärstisch offiziell zum Sieger erklärt.

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Obwohl der Tiger de jure nach wie vor als ungeschlagener Weltmeister firmierte – de facto war er der Verlierer. Die Nacht von St. Pauli schrie natürlich nach Revanche. Es dauerte aber geschlagene vier Jahre, bis die Rivalen Gelegenheit bekamen, ihr Unfinished Business zu klären.

Das Ballyhoo vor Tiger vs. Rocky 2 war - wenig überraschend - gewaltig. Rocchigiani, der seit zwei Jahren nicht mehr im Ring gestanden hatte, genoss den Rummel und wusste seinem Kontrahenten psychisch zuzusetzen. Bei einer PR-PK nannte er den Tiger einen "dummen Polen", was Rocky zwar viel Kritik einbrachte, der Vermarktung aber natürlich nicht schadete.

Michalczewski wirkte auf offener Bühne verunsichert. Der Weltmeister stand unter großem Druck. Eigentlich hatte er den ersten Kampf verloren. Ein zweites Desaster gegen den inaktiven Rocchigiani wäre für den Tiger und Promoter Kohl, die beide von einem Kampf gegen US-Champion Roy Jones träumten, verheerend gewesen.

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Als Ansager-Legende Jimmy Lennon Jr. vor 12.500 Zuschauern in der Preussag Arena (darunter dutzende Promis wie Dieter Bohlen) endlich "It's Showtime" rief, waren die Sympathien klar verteilt. Der Großteil der Halle feuerte Rocky an.

Und tatsächlich sah es zunächst danach aus, als könne Rocchigiani an seine Leistung aus dem ersten Kampf anknüpfen. Mehrmals erwischte er Michalczewski in den ersten drei Runden am Kopf. Der Tiger – von Trainer Fritz Sdunek bestens eingestellt – blieb allerdings cool und riss das Geschehen von Runde zu Runde stärker an sich.

Mit dem linken Jab und immer wieder mit dem Aufwärtshaken durchbrach Michalczewski die sonst so stabile Doppeldeckung des Herausforderers. Rocchigiani war die lange Ringpause in der zweiten Hälfte des Kampfes anzumerken – Rockys Motor begann zu stottern.

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Unerbittlich klopfte der Tiger seinen Rivalen weich, in Runde 9 zwang er Rocchigiani mit einem Leberhaken auf die Knie (der erste und einzige Bodenbesuch in der 20-jährigen Profi-Karriere des Berliners). Rocky kam zwar noch mal hoch und fightete wütend zurück. In der Pause zum 10. Durchgang wies er seinen Trainer Emanuel Steward aber an, Schluss zu machen.

"Ick war satt", begründete der entkräftete Rocchigiani seine erste vorzeitige Niederlage. Ein Indiz, wie hart die Prügel Michalczewskis in Hannover gewesen sein müssen. Der Tiger hatte seine Rache bekommen – für eine Niederlage, die nirgends steht, und doch eine war.